In Träumen erschienen sie mir, Wesen einer anderen Welt, hell, weiß und geschmeidig durchzogen sie mich wie Wolken. Sphärische Klänge – konnte man Musik träumen? –Harmonien, frei jeder Dissonanz, die mich in einem Schlaf wiegten, der die Jahre der Erschöpfung schrumpfen ließ zu einem unwirklichen Punkt fern des Jetzt und des Morgen. Wohlgefühl umgab mich, sanftes Schaukeln, blonde Nymphen und alte Männer, einst saß ich Neptuns Brunnen auf dem Schoß, ein blondes Mädchen tauchte in die klaren Fluten und schwamm mir zu, ich konnte das Wasser fühlen, wie es aus den zahlreichen Fontänen langsam nach unten, mich begleitend in einer hellen Linie, an mir entlang perlte, mich wie in warmes Licht getaucht völlig umhüllt, hinab meinen Schwanz umfloss und sich langsam umkehrte, wieder nach oben, der Wurzel entlang.
*
Es war mildes Sonnenlicht, gelblich mit einem Stich ins apricotfarbene, das sacht gegen meine geschlossenen Augen drückte, mir kleine kitzelnde Strahlen auf die Wangen zauberte und ermutigte die Lider zu öffnen, ganz langsam, um nicht die süßesten Träume zu verjagen, die ich seit Jahren hatte.
Ich lag auf einem weichen bequemen Bett, nackt, ohne Decke, das Sonnenlicht, das sanft durch die Vorhänge gefiltert wurde, bot mir Wärme genug. Ich lag auf dem Rücken und konnte die Wirbelsäule hinab spüren wie ich mich entspannt in das Weiche der Matratze ergab, Wirbel für Wirbel. Neben mir saß eine Frau im weißen Bademantel mit frisch gewaschenen Haaren, ganz in einem Turban verborgen, aus weißem weichem Frottee. Ich spürte wie meine Traumgedanken im Wachsein ihre Übersetzung fanden, wie sie mich abholten in ein Jetzt, das nicht weniger schön, ja reicher noch an Genüssen meiner harrte.
Das Gefühl meines umspülten Schwanzes rührte von einer jungen, sandelholzfarbenen Frau, die ihre Knie neben meinen Lenden, mich bedächtig und zart ins Aufwachen vögelte. Ihre Vagina hatte sich nur leicht über die Spitze meines Schwanzes gestülpt und wenn sie ihren Unterleib mir entgegensenkte so tat sie dies nur soweit, dass sich meine Eichel in ihr versenkte. Ihre Schamlippen umkosten mein Geschlecht, umfassten es leicht, streiften es nur und erzeugten dieses Gefühl des Wassers. Sie behielt den Rhythmus bei, als sie meines Wachseins gewahr wurde und gab der Frau an meiner Seite ein leichtes Zeichen, nur ein Nicken ihres Kopfes in meine Richtung. Diese drehte mir ihr Gesicht zu, und durch mein Blinzeln hindurch, als die Gegenstände und Figuren ihre Schleier des Schlafes verloren, erkannte ich sie sofort wieder, meine hingebungsvolle Schönheit, meine Wegbegleiterin in dieses Paradies, wie sagte sie… nach Xanadu.
Vor meinen inneren Augen formten sich meine Traumbilder erneut, nur erkannte ich nun deutlicher die Wesen; Orson Welles als jungen alten Mann, wie er saß in seinem Garten, Wasserspender zugleich mit diesem jungen blonden Mädchen. Ich erinnerte mich an sie, Olivia Newton John, Dauergast in feuchten pubertären Träumen, wie ich der eine war den sie mochte, die Bee Gees klangen in mir nach, und als ich genau hinblickte erkannte ich oben auf dem Brunnen, hinter dem Vorhang der Wasserfontänen die Silhouette Travoltas, tanzender androgyner Engel meiner Jugend. Die Szene erstarb in dem düsteren Schattenspiels Citizen Canes zu verwittertem Stein, und kurz noch vor dem endgültigen Erwachen, das erneute Abtauchen in die Traumwelt beendend, las ich die Zeilen auf dem Brunnenrand, vom Lustschloss des Kublai Khan, Coleridges Hommage an das Paradies des Venezianers und schloss mit den Worten „und trank Milch aus den Brunnen des Paradieses“.
Ich meinte die Süße der Milch auf meinen Lippen zu spüren, als mir der Saft aus den Lenden stieg, und das Gefäß dieser auf mir reitenden Nymphe füllte bis mein Schwanz Flasche und Korken zugleich ihre sachten Bewegungen beenden ließ, sie noch eine Weile aufgespießt auf mir verharrte, ihre Hand grazil zwischen die Beine, sich von ihrem Pfropfen lösend aufstand und darauf achtend, dass mein Samen nicht ihrem geöffneten Hort entrann, sich neben dem Bett auf eine Ottomane setzte.
*
Meine Weggefährtin indessen nahm meine Hand, drückte sie leicht und hauchte:
„Willkommen in Xanadu“
Ich versuchte mich aufzurichten, immer noch benommen von den Traumgespinsten des Schlafes, und nicht weniger verwirrt über die Dinge, die mich im Wachen erwarteten. Ich war beruhigt, diese mir bekannte Frau an meiner Seite zu haben, und musste doch innerlich schlucken, wie lange kannte ich Sie denn auch nur, und vor allem, unter welchen Umständen hatte ich sie kennengelernt. Ich sah sie an, und als wenn sich eine Brise Mitleid in meinen Blick gemischt hätte, stand sie lächelnd auf, ließ ihren Morgenmantel anmutig von den Schultern gleiten und bot mir Ihre nackte Rückfront dar.
„Seht Herr“, meinte Sie „nicht mehr viel ist zu sehen, die Striemen sind schon am Abheilen“.
Fürwahr, aus dem wohl wulstigen und blutigen Wirrwarr auf ihrem Hintern waren feine ziselierte Linien geworden, kaum abgehoben von der sanften Haut ihres Arsches, der sich zwar noch an manchen Stellen in gelblichen und bläulichen Hämatomauflösungen befand, aber keineswegs furchteinflößend wirkte.
„Solang schlieft Ihr schon, so erschöpft warf euch das Leben aufs Lager, wir wachten bei Euch für 3 Tage und Nächte. Aber nun seid Ihr wach und ich freue mich darauf Euch unsere wunderschöne Welt zeigen zu dürfen.“
Sie sagte dies mit einer Natürlichkeit, ja beinah der Eifrigkeit eines Kindes, das einem Erwachsenen ein Bild zeigen möchte, dass es gerade gemalt hat, so als ob sie mit mir sofort das Lager verlassen wollte um den Tag zu begrüßen. Aber noch fühlte ich mich sehr schwach, vor allem aber spann mich die Verwirrung über die letzten Ereignisse in ein Gefühl fieberhafter Spukgestalten, sodass ich mich mahnte all meine Schritte mit Bedacht zu setzen.
„Verzeiht, meine Schöne, lasst mir etwas Zeit, nachdem ich auf solch charmante Art und Weise geweckt wurde, muss ich mich noch etwas sammeln.“
Dabei blickte ich freundlich zu der jungen Schönheit hinüber, die noch nackt dasaß und uns aufmerksam ansah. Mein Kompliment schien sie etwas zu treffen, mehr als Freude war Sorge in Ihren Augen zu erkennen. Ich sollte sogleich den Grund dafür erfahren.
„Verzeiht, mein Herr mein Drängen“,
entgegnete meine Freundin, und zu dem Mädchen gewandt:
„Aimee, du darfst gehen..“
die junge Frau stand sogleich auf,
„aber,“
sie hielt inne,
„für das Wecken hast du Strafe verdient“.
Sie schluckte und nickte.
„Du bist in welchem Kurs?“
„Titten“,
entgegnete sie leise, wagte kaum den Blick zu heben.
„Gut, so bitte deine Tutorin dir 20 Streiche auf deine Titten zu verabreichen, mit der…“
sie überlegte einen Moment, sah sie genau an,
„mit der Gerte“,
Aimee wurde noch blasser, die Gerte schien sie zu fürchten, nickte aber und wollte sich umdrehen, abermals wurde Sie zurückgehalten.
„und sag Ihr, auf die Spitzen, vor allem auf die Spitzen…“
Jetzt war ein leichtes Stöhnen aus dem Mund Aimee’s zu hören, doch nickte sie und fragte
„Darf Ich nun gehen?“
„Herr, möchtet Ihr zugegen sein, wenn Sie Ihre Strafe erhält?“
„Nein“,
meinte ich,
„und überhaupt sehe ich nicht ein, warum sie Strafe erhalten sollte. Sie hat nichts getan, was Strafe rechtfertigen würde. Im Gegenteil, sie tat mir nur Gutes.“
„Herr, einstweilen müsst ihr mir glauben und vertrauen, in einer Weile, wenn Ihr etwas länger unser Gast seid, werdet Ihr alles verstehen, und wer weiß“
und dabei fuhr sie sich mit Ihrer Zunge leicht über die Lippen,
„vielleicht werdet Ihr bald selbst einmal Stock und Peitsche anwenden…,“
Ihr Blick, den Sie mir dabei zu warf schien noch mehr zu fordern, ein ‚an mir’ hätte Sie wohl gerne gesagt. Zu Aimee gewandt meinte sie weiter:
„Geh nun, Aimee, aber sage mir, was meinst du sollte es bedeuten, dass er nicht zugegen sein möchte?“
Dieses Mal war sie schneller, und klarer. Aimee sah mir in die Augen und sagte mit fester Stimme.
„5 mehr auf jede Titte, ich werde sofort darum ersuchen.“
Sie drehte sich um und verließ mit zusammengepressten Schenkeln das Zimmer, als wollte Sie meinen Samen in sich halten, wie etwas kostbares, wie ein Versprechen.
*
Ich senkte mich zurück auf das Kissen, diese kleine Szene hatte mich bereits wieder erschöpft, in meinem Inneren jedoch raste und tobte es unablässig. Neben der Erregung dieser lasziven Spiele erfüllte mich eine Unruhe, tausend Fragen strömten mir durchs Bewusstsein, wurden gestellt, verworfen, all die Souveränität, die der jahrelange Aufenthalt im Gefängnis mich dazu gebracht hatte, meinen Aufenthaltsort zu akzeptieren, verschwand hier und ließ mich zurück, unsicher und zutiefst verängstigt. Ich schloss meine Augen, versuchte meinen Atem zu regulieren, ihn zu vertiefen und langsamer zu atmen. Ich konzentrierte mich ganz darauf, meine Begleiterin saß stumm neben mir, und ganz allmählich gelang es mir mein Inneres dem Außen anzupassen, die Ruhe Herr über mich und meine Gefühle werden zu lassen, und ich begann, vielmehr, ich versuchte das Erlebte zu ordnen, ja, zu verstehen.
Ich begann mit Xanadu, meinem „Sesam öffne Dich“ für diese neue Welt. Xanadu, dieses Wort, diese Sehnsucht, ich erinnerte die Schattenwesen meiner Träume und nun, mit Hilfe meines Bewusstseins nahm Xanadu Gestalt an. Es waren die Bilder aus Orson Welles kongenialem Film, seinem morschen ‚Hearst’schen’ Denkmal, ein Schloss ungeheuren Ausmaßes, in Nebelschwaden durchzogenen Aufnahmen in Schwarzweiß, die steinernen Pforten der Unermesslichkeit, die Barken, die am Ufer vertäut warteten, warteten auf wen? Kafkas Schloss fiel mir ein, diesen Ort von dem es kein Entkommen gab, obwohl es nicht Mauern waren, die uns hielten, vielmehr Stricke in uns selbst, die es unmöglich machten zu entkommen. War es auch hier so? Gab es auch hier kein Entkommen?
Wo war dieses Hier? Ich versuchte mit all meinen Sinnen nach den wenigen Informationen zu greifen, die ich hatte. Die Fenster waren geöffnet, es war mild und sonnig. Meine Entlassung fand im November statt, entweder also war es Frühling geworden und anstatt eines tiefen Schlafs hatte ich mich im Koma befunden, oder wir hatten uns weit entfernt von Hamburg, waren weit in südliche Gefilde geflohen. Aber war es eine Flucht? Ich hatte mir nichts zuschulden kommen lassen in meiner kurzen Episode der Freiheit, vielmehr war ich selbst entführt worden. Natürlich konnte es sein dass ich inzwischen gegen die Auflagen der Bewährung verstoßen hatte, aber konnte es meiner Verantwortung zugerechnet werden, war es meine Schuld? Andererseits – wer würde mir glauben, einem Verbrecher, einem Exhäftling, einer persona non grata, der darüber hinaus mit einer Geschichte aufwartete, die abenteuerlicher nicht sein konnte, ja, die ich selbst nicht wirklich glaubte, nicht begriff und die mich hier ratlos zurückließ, ratlos und eingeschüchtert.
Ich kehrte zurück zu meinem Ausgangspunkt meiner Überlegungen, zurück zu Xanadu. Ich erinnerte die Worte Coleridges, den Beginn seines Poems:
In Xanadu schuf Kubla Khan
Ein prunkvolles Vergnügungsschloss.
Wo Alph, der heil’ge Strom, durchfloss,
die tiefen Höhlen, unendlich groß,
hinab zum dunklen Ozean.
Was sah Coleridge in seinen laudanum geschwängerten Träumen? Die gleichen Absonderlichkeiten, die meine Sinne seit dem Zusammentreffen mit diesen mir fremden Menschen betäubten. Was ist diese sagenumwobene Stadt, die Residenz des Mongolen, einst von Marco Polo entdeckt und beschrieben, was hat sie mit mir zu tun, und wie geriet ich hierher? War meine Reise nicht in Meilen zu messen sondern in Jahren? Fuhr ich zurück in der Zeit? All diese Fragen malträtierten mich aufs Neue, ließen mich nicht zur Ruhe kommen und so wandte ich mich an meine leise Begleiterin, die noch immer stumm an meiner Seite saß.
„Sagen Sie mir, wo ich mich befinde, bin ich in Xanadu? Und was ist Xanadu?“
Sie legte mir sacht ihre Finger auf die Lippen, und sprach als ob ich Kind sei, leis und beruhigend:
„Sch, du bist in Sicherheit, bist Gast des großen Khan, in seinem Paradies. Du bist mitten in der Welt, vertrau mir, an einem sicheren Ort.“
Wie schon die ganze Zeit konnte ich ihr nur vertrauen. Wie sie meine Fährfrau war in diese fremde Welt, wie sie mir ihre Ekstase und ihren Gleichmut offenbart hatte, so war sie nun meine tröstende Mutter, die ich nie hatte. Waren es einst die Mauern des Gefängnisses gewesen die Schutz boten vor einer fremden Welt, so waren es nun ihre Worte, die mich hielten, die mich vertrauen ließen. Sie legte mir ihre kühlende Hand auf die fiebernde Stirn und schenkte mir Ruhe in all meiner Wirrnis und Angst.
„Du wirst heute Abend deinen Gastgeber treffen, er hat dir zu Ehren zu einem Mahl geladen. Dort wirst du mehr erfahren, auch den Grund deines Hier seins, und nun schlaf nochmals mein Herz und sei beruhigt.“
Mit ihrer Hand kam die Müdigkeit erneut über mich. Sie schloss mich ein wie ein warmer Kokon, deckte meine Augen zu und schon fast beseelt von ihrer Stille fragte ich noch einmal:
„Ist er es? Der Mann aus dem Kaufhaus?“
„Es ist immer er, es gibt nur ihn“
Ihre Worte geleiteten mich in den Schlaf.
*
Als ich wieder erwachte fühlte ich mich dieses Mal gestärkt durch den Schlaf. Mein Kopf war freier und ich erinnerte ohne Probleme die Begebenheiten des Mittags. Ich räkelte mich, streckte mich bis in die Zehenspitzen und betrachtete dann zum ersten Mal das Zimmer genauer, in dem ich mich befand. Mein Blick schweifte von dem großen Terrassenfenster, das weiterhin durch einen weiten Vorhang versteckt wurde, der sich nun leicht im Winde blähte. Es war dunkler geworden draußen, aber die Brise, die mich erreichte war weiterhin mild, so dass meine Nacktheit mich kein bisschen frösteln ließ. Neben meinem Bett auf der Ottomane saß auch dieses Mal meine Begleiterin, sie schien mir zu keinem Zeitpunkt von der Seite zu weichen. An der mir gegenüberliegenden Wand war über die ganze Breite des Raums ein durch perspektivische Illusionsmalerei geschaffenes Bild, das den Eindruck einer sich öffnenden toskanischen Landschaft erzeugte. Auf den sanften grünen Hügeln standen vereinzelte Gehöfte, italienische Landsitze hinter deren Fenstern flackernde Lichter dem Raum zusätzlich Helligkeit verschafften. Später, als ich das erste Mal alles genauer erkundete, begriff ich, dass sich hinter dieser Wand eine Heizung befand, die kleinen Fenster Aussparungen im Gemäuer waren, durch die das Kaminfeuer schimmerte. Jetzt allerdings rief es in mir die Vorstellung hervor mich mitten in einer mediterranen Landschaft zu befinden, die langsam in den aufsteigenden Nebeln der abendlichen Dämmerung versinkt. Aber auch die Nebelschwaden waren keine Sinnestäuschung, sondern der aufsteigende Wasserdampf aus einem in den Boden eingelassenen Bassin, das sich wie das Gemälde über die ganze Breite des Raums erstreckte. Die Frau an meiner Seite erhob sich, trat ans Bett und reichte mir ein großes, flauschig wirkendes Badetuch.
„Es ist Zeit für das Bad. Es wird ein Übriges tun zu eurem Wohlgefühl beizutragen.“
Ich erhob mich von meiner Schlafstatt, ließ mir das Tuch über die Schultern legen, ging wie auf Wolken zu dem Bassin. Als ich die Stufen hinunter ins Wasser stieg tauchte ich sogleich unter und kam wach und erfrischt Stück für Stück weiter zu mir.
„Wir haben den römischen Raum als euer Domizil ausgewählt. Er erschien uns am besten geeignet euch einen sanften Übergang von der spartanischen Zelle im Gefängnis nach Xanadu zu ermöglichen.“
Ich glaubte meinen Ohren nicht zu trauen. Dieser Ort des Paradieses, der vollkommener nicht sein konnte sollte einen Übergang schaffen aus meiner Zelle? Welcher unsägliche Luxus mochte hier noch lauern in diesen Mauern. Welche Überraschungen sollte ich noch erleben?
Die nächste sollte nicht lange auf sich warten lassen. Meine Schöne klatschte in die Hände und rief: „Zeit für die Reinigung“.
Ich konnte erkennen wie in der rückwärtigen Wand meines Bassins drei Öffnungen entstanden, durch die sogleich drei anmutige Wesen auf mich zu geschwommen kamen. Eben noch nur in köstliches Nass getaucht umgaben mich nun erneut junge Frauen, die ihre zarten Körper um meinen wanden, mich mit ihren Haaren umgarnten wie weiland die Gesänge der Sirenen Odysseus und seine Gefährten. Ich spürte wie Hände, Brüste Ärsche und formvollendete Beine sich an mich schmiegten, jede Kurve, jede Höhlung wurde durch sie ausgefüllt, die sich zärtlich an mir rieben. Eine köstlichere Art der Körperreinigung war nicht vorstellbar. Eine der Frauen lutschte mir unter Wasser anmutig den Schwanz, eine zweite züngelte an meinem Anus während sich die dritte mir sanft in die Arme schwamm, mich küsste und als ich ihre Zunge willkommen hieß, schmeckte ich wie ihr Mund gefüllt war mit Zahnpaste, wie sie diese in meinem Mund verteilte und begann mit ihrer Zunge fest über meine Zahnreihen zu verteilen. All dies Treiben hatte mich in Rekordzeit abspritzen lassen, in den Mund meiner blasenden Nixe. Beide, die sich in meinen unteren Etagen zu schaffen gemacht hatten waren inzwischen wieder aufgetaucht, rekelten sich vor mir aneinander, küssten sich innig und ich konnte erkennen wie die eine der anderen meinen Samen schenkte, ihn ihr langsam in den erwartungsvollen Mund träufelte. Das war zuviel für mich. An Laszivität nicht zu überbieten (wie sollte ich mich irren!) schlug ich übermütig ins Wasser, bespritzte meine Badegäste und versuchte sie zu vertreiben, sie ließen sich auf das neckische Spiel ein, kreischten und tauchten erneut unter. Wie zum Abschied schwammen sie mir noch einmal zwischen den Beinen hindurch, streiften mich mit ihren Haaren und verschwanden wie ein köstlicher Spuk hinter der sich erneut öffnenden Wand. Ich verließ das Becken, das mir ein köstlicher Jungbrunnen war, hüllte mich in das bereitgehaltene Tuch ein, das sie zuvor mit ihrem Körper angenehm erwärmt hatte – und aus meiner Wohlfühllaune heraus, richtete ich beinah übermütig das Wort an sie:
„Und nun, Süße habe ich Hunger“
ich begleitete dies mit einem leichten Klaps auf ihren Po, ein entzückend kleiner Quiecker, und sie setzte sich mit einem neckischen Hopser in Gang. Gebannt auf ihren Hintern schauend, dessen Backen sich anmutig unter dem Frottee ihres Mantels aneinander schmiegten, Schritt für Schritt, folgte ich ihr und wir verließen meine Schlafstatt. Ich war seit Jahren das erste Mal befreit und glücklich und die sonderbaren Umstände meines Hier seins beunruhigtem mich weniger und weniger. Mir schien als ob das Staunen über diese neue Welt sämtliche Besorgnisse verdrängt
hätte, und ich war vollends bereit mich auf Neues einzulassen.
*
Viele Stunden später, der Morgen graute bereits, die ersten Vögel waren von draußen zu hören, und die Nacht, die noch einmal all ihre Kälte und Finsternis ausspielte, zog sich widerstrebend zurück. Ebenso erging es mir. Ich versuchte die Eindrücke, die Erlebnisse der letzten Stunden zu ordnen bevor sie mir abglitten in das Reich der Erinnerungen und Schatten gleich, erst ihre Farben verblassten, bis sich auch die Konturen sanft der Umgebung angleichen würden und schließlich Träumen gleich mich allein zurückließen in der Realität.
Aber welche Realität! welch ein abgedroschenes Wort für das was ich erlebt hatte, welch eine Beleidigung für diesen Ort, der geradewegs aus der Märchenwelt zu stammen schien, freilich Märchen für Erwachsene, schoss es mir durch den Kopf und ich musste insgeheim schmunzeln ob dieses Gedankens.
Allein dieses Gebäude, in dem ich mich befand war einzigartig, ich konnte mich nicht erinnern, etwas ähnliches schon einmal gesehen oder auch nur davon gehört zu haben. Es war riesig in seinen Ausmaßen und ähnelte einer Sc***dkröte. In der Nacht noch hatte ich eine Karte von Xanadu zu sehen bekommen, und dort hatte es eine große Ähnlichkeit mit dieser Echsenart. Was bei ihr den Panzer bildete und sich ehern über den Körper wölbte war gleich der riesigen Kuppel, die das Zentrum des Gebäudes bildete und von ihr aus, gingen 4 Gänge in vier Richtungen, jeweils im rechten Winkel zueinander liefen sie aus in einer Verästelung mit jeweils drei weiteren kurzen Bogengängen, die am Ende in insgesamt 12 Häuserkomplexe endeten. Mit etwas Fantasie waren die großen Gänge als Extremitäten und die kürzeren als Akren des Geschöpfs zu deuten. Diese 12 Anhängsel waren allesamt Gästehäuser, jedes für sich riesig in seinen Ausmaßen, vom Grundriss jedoch alle gleich. Sie variierten in ihrer Ausstattung, in ihrer Innenarchitektur, nachempfunden entweder einer geschichtlichen Epoche wie bei meiner Unterkunft oder einer geographischen Region. Von einem Wüstenzelt hatte ich erfahren, einer überdimensionierten Almhütte, von einem Boudoir der Rokokozeit, einem Salon des Pariser Fin de siecle, das Barock war vertreten in Form eines Kirchenschiffs, statt des Altars war das Bett aufgeschlagen und die possierlichen Putten waren abgebildet und gestaltet in so gar nicht engelhaften Posen. Daneben gab es einen mittelalterlichen Folterkeller, und als Krönung eine Suite, die den Eindruck erweckte, man befände sich im Kopf der Freiheitsstatue, die Aussicht mit einem komplexen Spiegel und Täuschungsmechanismus vermittelte wahrhaft den Eindruck sich hoch über dem Boden, mit Sicht auf den Big Apple zu befinden.
Nach dem Essen hatte ich all das bestaunen dürfen, die Führung glich einer Wanderung, so weit waren die Wege gewesen, 2 Stunden hatte es gedauert, 2 Stunden, die mein Gastgeber dazu genutzt hatte, mir ein Variete der Sinne, eine Abendunterhaltung vorzubereiten, wie sie die Welt noch nicht gesehen hatte.
*
Doch der Reihe nach. Zuerst waren wir zum Essen gegangen, einem kleinen Saal, der sich bereits im Zentrum des Komplexes befand. Es waren die erlesensten Speisen aufgetragen worden, vielfältig in Art und Zubereitung, und doch – schien Ausgewogenheit vorzuherrschen, mehr als Üppigkeit, Gesundheit mehr als Völlerei – ich war nach dem Essen angenehm gesättigt, aber beileibe nicht träge oder gar vollgefressen. Auf meiner Zunge noch die vielerlei Genüsse, den Gewürznoten nachgespürt schien ich Geschmacksknospen auszubilden, die durch den jahrelangen Gefängnisfraß verkümmert sein mussten. So mancher Bissen explodierte regelrecht in meinem Mund, entfaltete sich zu einer Pracht, die mir die Verzückung des Essens wieder nahebrachte, die ich einst vor vielen Jahren schon einmal ausgebildet hatte.
Ich wurde während der ganzen Mahlzeit von meiner reizenden Gefährtin mit Leckerbissen versorgt, ich aß ihr buchstäblich aus der Hand. Sie benutzte kein Besteck, griff elegant nach den verschiedenen Speisen, formte den Orientalen gleich kleine Portionen, die sie mir in den Mund schob. Es war wie eine Art Spiel, sie wählte für mich die verschiedenen Dinge aus, und doch hatte ich das Gefühl, dass sie sich dabei nach meinen Wünschen richtete, ganz als ob sie sie lesen könnte. Später erfuhr ich dann, dass sie damit ihre Gabe der Antizipation trainierte, immer bemüht, diese schwerste all ihrer Künste beständig zu vervollkommnen. Sie las an meinen Augen und an meinem Gesichtsausdruck ab, ob sie das Richtige getroffen hatte und in den seltenen Fällen, in denen sie daneben lag, erhob sie sich sogleich, beugte sich neben mir über den Tisch, hob mir ihr in frotteeverpacktes Hinterteil neckisch entgegen und meinte.
‚Dafür bitte einen Klaps’
Es war arrangiert wie ein neckisches Spiel, wie unter Verliebten, und so klopfte ich ihr freundlich und sanft auf ihren dargebotenen Po. Nach dem ersten Mal setzte sie sich sogleich wieder und bot mir erneut von dem erlesenen Essen. Beim nächsten Mal, allerdings, bei dem sie erneut etwas daneben lag, beugte sie sich wieder über – und noch ehe ich ihr erneut einen kleinen Klaps verabreichen konnte, raffte sie sich mit einer Hand den Bademantel nach oben, und versetzte sich selbst mit der anderen Hand einen Schlag, dass es durch den ganzen Raum schallte. Sie blieb kurz in dieser Stellung, wie um sicher sein zu können, dass ich genau sähe, wie sich auf der Stelle, die sie getroffen hatte, ein roter Handabdruck bildete, der noch alle 5 Finger erkennen ließ. Danach setzte sie sich erneut, und mir schien es, als murmelte sie mehr zu sich selbst, ‚so geht das’. Danach fuhr sie mit ihrer liebreizenden Tätigkeit fort.
Ich befand mich in der Klemme. Weder wollte ich, dass sie sich erneut selbst solch einen Hieb verabreichte, noch dass ich ihr einen verpasste. So blieb mir nur übrig gute Miene zum bösen Spiel zu machen, im wahrsten Sinne des Wortes. Ich versuchte mir nicht mehr anmerken zu lassen, welcher Bissen mir gerade wie behagte und gab einfach bei allen mein Lob über die Vortrefflichkeit ab, ich rollte mit den Augen, schmatzte hörbar, leckte mit der Zunge über die Lippen, egal was sie mir darbot. Ich verstellte mich also ab dem Moment – und hörte damit auf zu genießen. Durch den Zwang zu dieser Charade war mir die bezaubernde Stimmung etwas abhanden gekommen und zum ersten Mal, ganz unterschwellig, schlich sich das erste kleine Missfallen über meine reizende Begleiterin ein. Sie schien das zu bemerken, und beugte sich fortan nicht mehr über den Tisch. Im Gegenteil, in ihrem Gesicht zeigte sich ein leichter Hauch von Zufriedenheit, ja sogar von Triumph. Als ich dies bemerkte, da begann es mir in der Hand zu kribbeln. Hätte sie sich jetzt übergelegt, so wäre es mehr ein Schlag geworden, denn ein Streicheln. Doch diesen Gefallen tat sie mir nicht. Sie gab mir ruhig mein Essen weiter und strahlte still in sich hinein. Irgendetwas schien ihr sehr zu behagen.
*
Wenn ich mir hier nun, allein im Bett darüber Gedanken mache, war dies wohl der erste Augenblick, wo sich zwischen uns Spannung aufgebaut hatte, nicht nur erotischer Natur, aber es war etwas direkt zwischen uns – noch einmal hatte etwas gefunkt, auf ganz eigene Art. Es ist etwas schönes den Geschehnissen noch einmal nachzufühlen, auch diesen leisen Zwischentönen, denn was dann folgte, kann nur als eine Symphonie der Sinne beschrieben werden, laut, mächtig, jeden Reiz ins unermessliche steigernd.
Wir hatten das Abendessen beendet, ich wunderte mich, dass mein Gastgeber nicht am Nachtmahl teilgenommen hatte.
„Er isst niemals in Gesellschaft“, erklärte mir meine Begleiterin, „niemand sieht ihn jemals essen. Ja, es ist als ob er niemals äße.“
Der geheimnisvolle Fremde hatte wieder seinen Platz in meinen Gedanken gefunden, einmal mehr wunderte ich mich über ihn. Wir strebten nun wieder dem Zentrum des Gebäudekomplexes zu, gingen durch einen langen Gang, der nur spärlich beleuchtet, leicht anstieg und sich allmählich verbreiterte. Er mündete schließlich im Entree einer großen Halle, im Foyer eines Theaters oder einer Oper. Auch hier war das Licht nur spärlich, und der hintere Teil war durch einen Vorhang getrennt, in brokatenem Rot durchmaß er die Halle wohl an die 20m lang und annähernd acht Meter hoch verbarg er die riesenhaften Ausmaße eines Saales, einer Leinwand, einer Bühne? Meine Gefährtin blieb einige Meter davor stehen, wandte sich mir zu, und fragte mit leiser Stimme:
„Bereit?“
Wieder hatte ich das Gefühl, als ob mir etwas die Kehle zuschnüre, trocken schluckte ich das Gefühl hinunter und nickte. Daraufhin klatschte sie in die Hände.
*
Unter dem Vorhang entstand eine leichte Bewegung, schwer hing er und ließ seinen Faltenwurf über dem Boden wehen. Von der anderen Seite schoben sich eine Anzahl nackter Frauenkörper unter ihn und in einer fast schwebenden Choreographie hob er sich durch ihre Bewegungen langsam an. Von der anderen Seite des Saals ertönten – sehr leise noch – die ersten Takte eines klassischen Stückes. Ich lauschte gebannt der Musik, den zarten Tönen der Streicher, die Holzblasinstrumente ergriffen das Thema und trugen es langsam voran. Ich konnte die Oboen hören, und als würde ihr Säuseln verstärkt, die Fagotte eine Oktav tiefer. Es war slawisch gefärbte Musik, sie umfloss uns anmutig und ließ die bäuerlichen Tänze östlicher Länder in ihren Motiven erahnen. Ich kannte das Stück, hatte es vor vielen Jahren sehr oft gehört, nur die Erinnerung, wo und wann, ließ mich noch im Stich, vorerst noch. Die Frauen unter dem Vorhang flossen einander zu, umgarnten sich, reiben ihre köstlichen Körper aneinander. Dann als die Musik, langsam zunahm, lauter und eindringlicher wurde, richteten sie sich auf, andere strömten nach, unter ihnen und gemeinsam schoben sie den Vorhang nach oben. Sie teilten sich, ein Wust menschlicher Extremitäten, wirbelnd im Takt und träg sich bewegende Torsi, umschlungen voneinander, in laszivem Reigen. Höher und höher stiegen sie, eine auf der anderen balancierten sie sich in ihren Gewindungen umeinander entstanden zwei Mädchensäulen, etwas voneinander entfernt. Immer neue Fauen erschienen von jenseits des Vorhangs, erkletterten sich gegenseitig und eben noch dynamisch und kraftvoll erstarrten sie in ihren Bewegungen an der für sie bestimmten Position. Langsam wuchs ein Portal in die Höhe, ein Torbogen nackter fraulicher Leiber, ineinander verkeilt, verbissen, umschlungen hielten sie sich gegenseitig, großen steinernen Bildnissen gleich, Statuengruppen, den Brunnen mittelalterlicher Baukünstler entsprungen. Lakoons oder Neptuns verschmolzen die Leiber ineinander und bildeten ein Bilder unaussprechlicher, steingewordener Obszönität. Hände griffen in den Schritt der über ihnen schwebenden, Finger hakten ein in ihnen sich darbietende Öffnungen, Sicherungshaken gleich bissen und klammerten sich die nackten Schönen ineinander fest. All dies geschah vollkommen lautlos, aber wie unsichtbar verwoben im Takt der sphärischen Musik aus dem Raum vor uns. Als alles regungslos ineinander verharrte gab das menschliche Tor den Eingang frei, trug den Vorhang auf seinen geschlungenen Leibern und gewährte uns Durchlass in eine fremde Welt. Meine Gefährtin ergriff mich sacht am Arm und nahm mich mit unter dem Torbogen hindurch in eine von warmem, flackerndem Licht getränkte Halle jenseits des Vorhangs. Der Raum öffnete sich vor uns wurde riesengroß, betont noch durch seine fast vollkommene Leere. Ich sah nun die Musiker vor uns in einem Orchestergraben, eine große Besetzung, symphonischen Ausmaßes, allesamt wiederum Frauen, nackt, nur mit ihren Instrumenten bekleidet intonierten sie weiter die volkstümlichen Melodien. Auf der Bühne, uns zugewandt, stand ein Stuhl, schlicht aus Holz, noch war er leer.
Als wir eingetreten waren geriet das Menschenbildnis hinter uns erneut in Bewegung. Lautlos glitten die Streben und Säulen aus Fleisch und Blut voneinander ab, lösten sich strebten geräuschlos dem Boden zu, ließen sich fallen, und waberten wie eine Masse aus Fleisch, aus Händen, Armen und Füßen, Ärschen und Brüsten rechts und links entlang von uns, überholten uns, umgaben uns wie ein reißender Fluss, vollkommen schweigend, vollkommen schön. Die Frauen strömten dem Stuhl entgegen, umschlossen ihn, und bildeten aus ihren Körpern eine neue Figur. Sie betteten den Stuhl ein in eine vollkommen menschliche Landschaft, Hügel aus Fleisch, Mulden, Gruben zwischen den Beinen, lebendige Täler, mit Wäldern aus Haaren entstanden vor meinen staunenden Augen. Als das ganze erneut zur Ruhe kam, war vor uns ein Sofa entstanden, eine Sitzlandschaft, ein riesenhafter Diwan aus ungezählten wunderschönen Frauenkörpern. All ihre Arme bewegten sich im Takt, winkten uns zu und luden uns ein Platz zu nehmen. Vorsichtig bestieg ich den Menschenberg, immer darauf achtend, dass ich mein Gewicht gleichmäßig verteilte, meine schöne Begleitung zog mich zu sich herunter und wie wir in die Frauen versanken, uns betteten in unzählige Kissen aus Titten und Gesäßen, Schenkel und Arme uns zu Lehnen wurden, und Rücken zu Stützen. Während wir also Platz nahmen wurde ich gewahr, dass mein bisher unsichtbarer Gastgeber sich plötzlich auf dem Stuhl befand, er als einziger bekleidet, in Abendgarderobe, im Smoking saß er leicht über uns erhöht, und sein amüsiertes Schmunzeln, das ich ja schon aus Hamburg kannte, weilte auf mir. Die Musik verebbte in diesem Moment, und ich hörte ihn sagen:
„Willkommen, also in Xanadu!“
*
Später, als mir die Nacht wieder und wieder durch den Kopf ging und ich mich an meine Gefühle erinnerte, bemerkte ich etwas Erstaunliches. Während dieses ersten Gesprächs, als ich auf all diesen wunderschönen nackten Frauen lag, war eine Beklemmung in mir, war mein Hals wie zugeschnürt. Erst jetzt, als ich in Ruhe über alles nachdenken konnte wurde mir klar, dass sich meine Situation gegenüber der Zeit im Gefängnis kaum verändert hatte. Äußerlich natürlich vollkommen, aber in mir herrschte dieselbe Gefühlslandschaft vor. Ich kam mir ebenso fremdbestimmt vor, eine Vielzahl neuer Regeln und Verhaltenseigentümlichkeiten stürmten auf mich ein, ebenso wie ich gezwungen war die Regeln des Knastdaseins zu erlernen. Ich befand mich an einem Ort, den ich nicht frei gewählt hatte und verfiel in meine alten Verhaltensmuster zurück. Ich machte mich klein, versuchte nicht aufzufallen, unsichtbar zu sein. Allerdings, und das hatte sich verändert, war mir dies unmöglich geworden. Im Gegensatz zu vorher, als ich als einer unter vielen, in der Masse unterzugehen mir nur recht war, war ich hier der einzige Gast, abgesehen von meinem geheimnisvollen Gastgeber, der einzige Mann, und alles, wirklich alles war getan worden, keine Mühen gescheut, mir zu Gefallen zu sein, mich zu erhöhen, ja, mich in den Mittelpunkt zu rücken. Und hier nun kam mein fehlendes Selbstbewusstsein viel mehr zutage als in der Menge der Gefängnisinsassen. Wenn ich mich hier wand vor Unwohlsein über die mir zugeteilte Aufmerksamkeit, dann spürten das die Mädchen, die mich umgaben, und sie stützten mich mehr, hielten mich. Das beschämte mich noch mehr. Noch unheimlicher als das war mir allerdings der Umstand, dass hier jeder im Stande zu sein schien, mein Innerstes zu lesen. Jede Regung von mir, von der ich bisher immer dachte, sie gut vor dem fremden Außen zu verstecken, schien in eben diesem Außen eine sofortige Reaktion hervorzurufen. Dieses Arrangement, inmitten dessen ich mich befand hatte ohne Zweifel die Potentiale paranoische Ängste hervorzurufen. Ich ahnte hier nur existieren zu können wenn ich mit Leib und Seele auf das ganze einließ, und mich unter Umständen mit Haut und Haaren an den Teufel verkaufte, und das nachdem ich vor kurzem erst den Pforten der Hölle entronnen war. All dies, all meine Beklemmungen führten vielleicht dazu, dass ich etwas barscher auf ihn reagierte, als es der Situation angemessen war, vielleicht, auch als ich es selbst wollte.
„Wo befinde ich mich hier, was haben Sie mit mir getan?“
das leise Zittern meiner Stimme, die Brüchigkeit setzte sich sofort in den Reaktionen meines „Sofas“ um. Die Mädchen kamen in leichte Bewegung, ein leises Vibrieren, ein Hauch von Instabilität.
„Sie sind ein freier Mann. Es stand ihnen immer frei zu gehen. Ich war der Meinung sie als Gast zu behandeln, nicht als Gefangenen. Sollten meine…“
Ein kurzes Zögern, ein verhaltenes Lächeln
„…Bediensteten, hierin einen falschen Eindruck erweckt haben, so werde ich sie zur Rechenschaft ziehen.“
Auch hier durchlief mich ein leises Schaudern, das sich unisono im Außen fortsetzte, als wäre ich mit meiner Umgebung verschmolzen. Dieses zur Rechenschaft zu ziehen konnte ich mir zur Genüge vorstellen. Dafür hatten die wenigen Stunden Bekanntschaft mit diesen Menschen vollkommen ausgereicht. Ich winkte heftig ab, zu heftig, mein „Sofa“ kippte beinah. Und mein Gesprächspartner lächelte mich offen an.
„Sehen Sie, so wie sie die Freiheit haben zu gehen, oder zu bleiben, so habe ich ebenso meine Freiheiten, und ich bin, vielleicht im Gegensatz zu Ihnen jederzeit bereit, mir diese zu nehmen. So mögen also nun, zumindest kurz, die Spiele beginnen.“
Das Orchester begann wieder zu spielen. Es hörte sich an wie ein Tusch, verhaltend begonnen, sich ins Crescendo steigernd, als wollten alle Instrumente, die große Pauke wecken, deren schließliches Schlagen, der Höhepunkt, die Schritte begleiteten von fünf nackten Frauen in die Mitte des Saals.
Es waren meine 3 Nymphen aus dem Bassin, als vierte mein ach so zärtlicher „Wecker“, die Brüste inzwischen verziert von feinen dunklen Linien, nebeneinander gesetzt wie auf einem Notenblatt. Die fünfte im Bund war natürlich wieder sie, meine Begleiterin, meine erste Bekannte. Die Vorstellung, dass auch sie wieder in einen Akt des Leidens eintreten sollte, dass ich daran Schuld hätte machte mir die Brust eng. Als ob sie dies gespürt hätte, hob sie die Augen, blickte mich an, gebot mit einer Handbewegung dem Orchester aufzuhören und sagte mit fester Stimme:
„Herr, schont die anderen, ich nehme die Schuld auf mich, bestraft mich!“
Als die Musik verstummte, abrupt, mitten in einem Takt, hatte ich das Gefühl dass es plötzlich kühler geworden wäre in der Halle. Ich benötigte einen Moment um zu bemerken, dass es nicht die tatsächliche Raumtemperatur, die sich veränderte, sondern vielmehr eine erfühlte, subjektive; die Veränderung war so extrem, dass mich ein leises Frösteln überzog. Diese Kältewelle schien von meinem Gastgeber auszugehen, wie um mich zu bestätigen erkannte ich, dass die Frauen die am nächsten zu ihm meinen lebendigen Diwan bildeten ebenfalls unter der plötzlichen Kälte zu leiden schienen. Mir wurde klar, dass – im Gegensatz zum bisherigen Verlauf des Abends – die Inszenierung geendet hatte und meine tapfere Begleiterin in irgendeiner Form das Protokoll gestört haben musste. Das Schweigen erfüllte den Saal mit schwerer, ja bleierner Luft, das Atmen fiel schwerer, kein Ton war zu hören, kein Rascheln, kein Räuspern, nichts.
Mein Gastgeber erhob sich, stand breitbeinig, seine Augen die Frau fixierend, die Daumen in die Hosentaschen eingehängt, betont lässig, betont cool, eine Haltung, die ganz im Gegensatz zu seinem bisherigen Auftreten, ihn jünger wirken ließ, jünger und gefährlicher, wie ich gleich spüren konnte. Noch schwieg er, sein Blick lag auf ihr, und in seinen Augen spiegelten sich die Facetten eines Straußes voller Emotionen, Trauer war darin zu lesen, aber auch Zorn und Wut, bis zum Schluss nur noch Geringschätzung darin enthalten zu sein schien.
„Löscht Sie aus.“
Sprach er leise nur, aber doch deutlich spürbar im ganzen Saal. Daraufhin drehte er sich abrupt um und kehrte uns allen den Rücken zu.
Just als die Worte verhallten fiel meine Schöne zu Boden, richtiger gesagt, sie verfiel. Es war als ob jemand ein Ventil an ihr geöffnet hätte, die Vornehmheit ihrer Haltung, der aufrecht grazile Stand, alles sank in sich zusammen, und sie war nur mehr ein Häufchen, dort am Rande der Bühne, aschegleich. Überall erhob sich ein Gemurmel, im Orchester, unter mir, aus allen Ecken des Saals kam es, ebbte ab und schwoll wieder an. Es formte sich ein Laut heraus, der getragen wurde von Frau zu Frau, zwischen ihnen und über ihnen einen Klangteppich webte, wie zum Schutze meiner Hüterin.
„Gnade“
skandierten sie, immer und immer wieder, beschwörend, betörend, beruhigend. Die Streicherinnen setzten wieder ein, ganz leise, ganz sachte griffen sie das vorhin verhallte Thema wieder auf, und dieses mal fiel es mir sofort ein, die slawischen Tänze waren es, von Alexander Borodin, jetzt mit diesem Chor der Leidenden, der um Gnade bittenden war es mir seltsam bekannt und mit ihm die Erinnerungen an eine ferne Vergangenheit, eine andere Frau – schön und grausam – die Musik schmerzte.
Der Mann erhob die Arme, die Musik verebbte erneut, ohne sich Umzudrehen hob er zu sprechen an.
„Welchen Mummenschanz bieten wir unserem Gast? Ist dies das Bild wie wir von ihm gesehen sein wollen? Du bist eine Priesterin, die nächste die aufsteigen würde in der Reihe. Heute aber vergisst du Dich und fängst an uns alle mit deiner aufgesetzten Demut zu beleidigen. Es ist nicht einmal Demut, im Gegenteil Hoffart treibt dich und die Eitelkeit, so gut und selbstlos zu wirken wie du dich selbst gerne sähest. Darin gehst du soweit die Geschicke selbst lenken zu wollen, und du nutzest es aus, dass ich dich zum Fährmann machte für meinen wichtigsten Gast. Was soll er von uns denken?“
Die Beschuldigte rührte sich nicht. Zusammengesunken blieb sie am Boden. Die anderen erhoben ihre Köpfe und mit der wieder einsetzenden Musik begann das Gemurmel erneut:
„Gnade, Gnade, Gnade,
Herr, Sie hat gefehlt!
In Mühsal sie wate,
durch Strafe gequält.
In Seilen sie hänge,
in Schlingen sie fänge,
der Peitsche tausendfachen Kuss!
Gnade, Gnade, Gnade,“
Dreimal sangen die Frauen eumenidengleich ihren Gesang, ihren Gott beschwörend, Milde walten zu lassen. Erneut gebot er Ihnen Schweigen.
„Ihr fleht um Gnade für Sie, und wisset doch, dass mein Wort das Gesetz und mein Wille das Maß aller Dinge ist. So ist ihr Urteil gesprochen und sie hat zu gehen.“
„Gnade, Gnade, Gnade,
Gnade ist ihr versagt!
In Reue sie bade,
aus dem Bunde gejagt,
Gedanken zerrissen,
Erinnerung verflissen,
ist sie alleine zur Buß
Gnade, Gnade, Gnade,“
War ich es, der nun sprach?
Ich hatte das ganze atemlos verfolgt, das Bitten der Gefährtinnen, und den Schiedsspruch ihres Herrn. Ich verstand, dass er nicht hinter das Urteil zurück konnte, wollte er vor mir nicht sein Gesicht verlieren. Bereits am ersten Abend zu zeigen, dass man die Dinge nicht im Griff hat, war ein Ding der Unmöglichkeit. Das konnte ich, der von einem Ort kam, an dem es wichtig, ja, überlebenswichtig war immer und überall Stärke zu demonstrieren ihm sehr gut nachsehen. Auf der anderen Seite war das Urteil, das er über sie verhängt hatte für das Empfinden aller wohl zu hoch. Selbst ihm merkte ich es an, dass er es gerne unausgesprochen machen würde, wenn er es könnte. Seltsam, in diesen Gedanken kam ich ihm auf einmal nahe, spürte ich mich hingezogen zu ihm, ja sogar mehr noch, verlangte es mich nicht nur ihr, sondern auch ihn zu schützen. Es war als ob unmerklich etwas Zerbrechliches Einzug gehalten hätte in die Unerbittlichkeit seines Wesens.
„Mein Herr“,
klar und ohne Zögern kamen mir die Worte von den Lippen,
„wenn ihr keine Gnade schenken wollt, so gebt mir als eurem Gast zum Geschenk, nicht nur Ursache sondern auch Folge für ihr Verfehlen zu sein. Lasst mich Strafe oder Sühne bestimmen, lasst mich ihr Richter sein, und verzeiht mir. Es war mir nicht bewusst wie die von mir gewählten Worte Zunder sein würden für ihr Schicksal.“
„Weise gesprochen – und wahr, denn bedenke, meine Peitsche mag Spuren hinterlassen auf der Haut, Worte hingegen zeichnen die Seele, und ihre Narben währen bisweilen ein Leben lang. Setze deine Worte in Zukunft mit Bedacht, sie sind mächtig in meinen Ohren.“
Er lächelte mich an dabei, langsam wich der Schmerz aus seinem Blick und es stellte sich wieder diese leichte Spur von Spott ein, als er meinte:
„Nimm Sie, sie ist dein – für einstweilen. Und führe sie, wie sie dich hierher führte. Genug für heute, wir werden uns wiedersehen.“
*
Ich musste allein sein, und allein suchte ich mein Domizil auf, sie schien es zu verstehen und blieb in den Reihen ihrer Gefährtinnen. All dies Erlebte ließ meinen Kopf fieberschwer in die Kissen sinken und ich dämmerte einer Nacht entgegen deren Träume doch nicht mithalten konnten mit dem am Tage erlebten – meiner Ankunft in Xanadu
folgt…
Kapitel III
Zarte Bande